Die
Bedeutung der Traditionslinie.
Euer
bloßes Wissen und euer trockenes theoretische Verständnis genügen
nicht … Was hier erforderlich ist, sind Erkenntnis und Gewissheit
aufgrund direkter Erfahrung.
Die
Methode der Geistesforschung und des direkten Arbeitens mit dem
Geist, die man Buddhismus nennt, geht auf die Lehren eines jungen
indischen Prinzen namens Siddhartha zurück. Er hatte das
schreckliche Elend von Menschen gesehen, die nicht zu den
Menschen gehörten, die in einer privilegierten Umgebung lebten.
Er gab sein Leben in dieser Umgebung auf, und dann beschäftigte er
sich mit dem Leben der armen Menschen, mit ihren Problemen und
Leiden.
Für
Siddhartha begann eine Wandlung, und er lernte bei vielen Lehrern,
aber er fand keine ausreichenden Lösungen für die vielen Probleme
der armen Menschen.
Aber
er ahnte, dass die Ursache dieser Probleme irgendwo liegen müssten,
und er versenkte sich in seinen Geist, um dort nach der Ursache der
Probleme zu suchen. Er entdeckte dann nach langem Suchen das,
wonach er gesucht hatte: Ein grundlegendes Gewahrsam, das
unveränderlich, unzerstörbar und grenzenlos ist. Er erwachte,
und er bekam den Namen: „Buddha“. Das heißt der
„Erwachte“.
Erwacht
war er zum vollen Potential seines eigenen Wesens, welches bis dahin
durch etwas eingeschränkt war, das man üblicherweise als Dualismus
bezeichnet – die Vorstellung von einem eigenständig
existierenden und inhärent wirklichen „Selbst“ oder „Ich“
, das von einem augenscheinlich außerhalb dieses Selbst
existierenden und inhärent wirklichen „Anderen“ getrennt ist.
Diese dualistische Denkart ist kein Charakterfehler oder
geistiger Defekt, sondern sie ist ein komplexer, zutiefst in die
Struktur und Funktion des Gehirns eingebetteter
Überlebensmechanismus, der sich – ebenso wie andere Mechanismen –
mithilfe der Erfahrung verändern lässt.
Buddha
gelangte durch introspektive Untersuchung und Überprüfung zur
Einsicht in dieses Veränderungsvermögens. Die Art und Weise
wie sich auf Irrtum und Missverständnis beruhende Vorstellung und
Konzepte in den Geist einwurzeln, sowie die Methoden, diese zu
durchschneiden, wurden nun Gegenstand der Unterweisungen. Erst jetzt
haben wir einen Einblick in den Buddhismus bekommen, indem wir
den Buddhismus wissenschaftlich und eingehend durchforscht
haben.
Das
große Wissen oder auch allgemein das Wissen wurde im Buddhismus in
Gleichnissen, Beispielen, Rätseln und Metaphern übermittelt. Denn
das Hören der Worte erreicht beim Zuhörer die Bedeutung der
Aufnahme in den Geist und dann folgt das Nachdenken und danach kommt
die Anwendung im praktischen Leben. Das bewirkt Veränderungen in der
Struktur und der Funktionsweise des Gehirns, denn wir erlangen die
geistige Freiheit. Der Kern der Stärke und Reinheit des
Buddhismus liegt in der Verbindung vom Herz und Geist der Menschen,
die lehren und die zuhören.
Die
Traditionslinien beziehen sich auf die verschiedenen Lehrmeinungen im
Buddhismus, aber deren Verschiedenheiten sind kaum sichtbar. Die
Traditionen werden weiterhin bestehen, denn sie gehören dazu, und
entspringen dem Geist der einzelnen Buddhisten.
Das
Leben verändert sich, und auch der Geist verändert sich und leitet
neues Denken ein.