Geistige Hemmnisse
Die Folterinstrumente in den Höllen der Wesen, wer hat
sie zu welchem Zweck geschaffen?
Im Buddhismus bezeichnet man die konditionierenden
Faktoren auch als „geistige Hemmnisse“ oder als „Geistes
plagen“ oder oft auch als „Geistesgifte“. Obwohl in den Texten
der buddhistischen Psychologie ein breites Band an konditionierenden
Faktoren untersucht wird, stimmen sie alle darin überein, dass es
drei geistige Grundhemmnisse gibt. Diese bilden die Grundlage für
alle anderen Faktoren, die uns in unseren Fähigkeiten behindern, die
Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind. Diese drei sind:
Unwissenheit, Anhaftung und Ablehnung.
Unwissenheit:
Unwissenheit ist die grundsätzliche Unfähigkeit das
grenzenlose Potenzial, die Klarheit und die Kraft unseres eigenen
Geistes zu erkennen. Man kann es so betrachten, als würde man die
Welt durch gefärbte Brillengläser sehen. Was immer wir sehen, wird
durch die Farbe der Brillengläser verschleiert oder verzerrt. Aber
auf der grundlegendsten Ebene verzerrt die Unwissenheit die an sich
offene Erfahrung von Gewahrsein zu dualistischen Unterscheidungen
zwischen den Kategorien von einem eigenständig existierenden „Ich“
und einem eigenständig existierenden „anderen“.
Die Unwissenheit stellt damit ein zweifaches Problem
dar. Haben wir uns einmal die neuronale Gewohnheit zu eigen gemacht,
uns selbst als eigenständiges, unabhängig existierendes „Ich“
wahrzunehmen, so fangen wir unvermeidlich an,was nicht „Ich“ ist,
als „anderes“ zu betrachten. Das „andere“ kann alles sein
auch ein „Ich“ das denkt und fühlt. Was wir wahrnehmen und
erfahren wird im gewissen Sinn zum Fremden. Während wir uns
gewöhnen, zwischen „Ich“ und dem “anderen“ zu unterscheiden,
sperren wir uns in eine dualistische Wahrnehmungsweise ein. Und so
halten wir uns für klein, beschränkt und verletzlich. Dann meinen
wir, das andere Menschen, materielle Gegenstände und so weiter die
Quelle unseres Glücks oder Unglücks sind, und so wird das Leben zum
Kampf darum,um zu erlangen, was wir zum Glücklichsein brauchen,
bevor es andere holen.
Dieser Kampf ist ein Kreislauf des Elends, denn man
rennt immer der Unzufriedenheit und der Gewohnheit nach, in der
Hoffnung, ein anderes Resultat zu erreichen. Es sind immer die
gleichen Erfahrungen.
Es entsteht der Zustand absoluter Glückseligkeit, der
durch das Auslöschen des Egos oder der Vorstellung von einem „Ich“
oder „Selbst“ entsteht. Die Interpretation ist bis zu einem
bestimmten Grad korrekt, außer das sie der Tatsache keine Rechnung
trägt, dass die meisten von uns verkörperte Wesen sind, die ihr
Dasein in der relativ realen Welt moralischer, ethischer, rechtlicher
und physischer Unterscheidungen leben.
Anhaftung:
Die Wahrnehmung ist eines von anderen getrennt
existierendes „Ich“, im wesentlichen ein biologischer
Mechanismus.Es ist ein Muster neuronalen Geschwätzes, das anderen
teilen des Nervensystems beständig signalisiert, jeder ist ein
eigenständiges, unabhängig existierendes Geschöpf, das aber zur
Aufrechterhaltung seiner Existenz bestimmte Dinge braucht, weil es in
einem physischen Körper lebt. Diese Dinge sind zum Beispiel:
Sauerstoff, Nahrung und Wasser, weil diese Dinge für den Körper
unentbehrlich sind. Wichtig ist auch die körperliche Zuwendung und
das Gespräch mit dem Menschen für das Überleben des Menschen.
Übertragen wir biologisch unverzichtbare Dinge in eine
Verallgemeinerung auf Bereiche, die nichts mit dem elementaren
Überleben etwas zu tun haben, dann beginnen die Probleme. Die
Anhaftung ist so etwas wie die Sucht bzw. sie kann man mit der Sucht
vergleichen. Wenn mich eine Sucht glücklich macht, dann muss ich
diesen Zustand ändern, indem ich das Suchtverhalten ändere. Dieser
Wandel ist die einzige Konstante der realen Wirklichkeit. Ist unser
Geist von der Anhaftung konditioniert, wird er nie Zufriedenheit
erleben, und wir verlieren die Fähigkeit, zwischen der bloßen
Erfahrung von Glück und den Objekten, die uns vorübergehend
glücklich machen.
Ablehnung:
Jede Anhaftung erzeugt bei uns Angst, dass wir entweder
nicht das bekommen, was wir haben wollen oder das wir das verlieren,
was wir gewonnen haben. Und diese Angst wird im Buddhismus als
„Ablehnung“ bezeichnet. Es ist ein Widerstand gegenüber den
unausweichlichen Veränderungen, die sich als Folge der
Vergänglichkeit alles relativ Wirklichen ereignet.
Die Vorstellung von einem dauerhaften, unabhängig
existierenden Ich drängt uns dazu, uns mit enormer Anstrengung der
Unvermeidlichkeit der Veränderung und des Wandels zu widersetzen und
sicherzustellen, dass dieses „Ich“ in Sicherheit und ungefährdet
bleibt. Je stärker und tiefer diese Anhaftung an das ist, , was uns
dieses Gefühl von Ganzheit vermittelt, desto größer ist unsere
Angst, es zu verlieren, und desto brutaler ist unserer Schmerz, wenn
wir es verlieren.Die Ablehnung ist eine selbst erfüllende
Prophezeiung, sie zwingt zu einem Handeln, die unsere Bemühungen
nach dauerhaften Frieden, Stabilität und Zufriedenheit verschaffen
soll, aber zum Scheitern verurteilt ist.
Die Ablehnung verstärkt ein neuronales Muster, was
mental die Vorstellung übermittelt, beschränkt, schwach und
unvollständig zu sein. Alles was diese Unabhängigkeit dieses
mentalen „Ich-Konstrukts“ untergraben könnte als Bedrohung
empfunden wird, und man reagiert darauf mit Stress und den folgenden
Problemen wie Depressionen, Schlafstörungen, Verdauungsproblemen,
Ausschläge, Funktionsstörungen der Schilddrüse und Nieren, hoher
Blutdruck und hoher Cholesterinspiegel.
Auf rein emotionaler Ebene manifestiert sich die
Ablehnung als Wust, Zorn und auch Hass. Statt zu erkennen, dass
alles, was man an Elend und Unzufriedenheit empfindet, auf einer
mental gebauten Vorstellung beruht, findet man bei anderen Menschen,
äußeren Objekten oder Situationen die Schuld am eigenen Schmerz.
Wenn das Verhalten anderer uns scheinbar hindert, das zu
bekommen, was wir haben möchten, dann halten wir sie für
unzuverlässig oder gemein, und versuchen ihnen aus den Weg zu gehen.
Wer sich im Klammergriff der Wut und des Zorns befindet,
betrachtet alles und jeden als seinen Feind. Als Folge werden die
inneren und äußeren Welten kleiner und kleiner. Man verliert den
Glauben an sich selbst und verstärkt spezifische neuronale Muster,
die das Gefühl von Angst und Verletzlichkeit erzeugen.