Die uralte Kunst der Meditation
Dieses Buch behandelt die wesentlichen Übungen und
Lehren, wie man sie in den besten buddhistischen Klöstern findet, in
einer dem Westen zugänglichen Weise. Du wirst darin mit einigen der
einfachsten und am weitesten verbreiteten Meditationsübungen bekannt
gemacht, insbesondere den Übungen der Achtsamkeit und der
liebevollen Güte. Ein ganz zentraler Bestandteil dieser Anleitung
sind die Meditationsübungen.
Zweck dieses Unterfangens ist es keineswegs, dass du
Buddhist wirst oder fernöstliche Zeremonien bzw. rituellen
Verbeugungen erlernst. Vielmehr geht es darum zu lernen, wie man
meditiert und davon im täglichen Leben profitiert. Wenn wir uns die
Zeit nehmen, zur Ruhe kommen, dann spüren wir – und jeder Mensch
ist dazu in der Lage -, dass wir unser Leben viel mitfühlender und
wachsamer leben könnten. Zu meditieren bedeutet, dass wir diese
innere Fähigkeit fördern und sie in unserem Leben zum Ausdruck
bringen.
Es gibt viele brauchbare Formen von Meditationsübungen.
Im Grunde ist dies jede, die uns hilft, achtsamer und bewusster zu
werden für unseren Körper, für unsere Sinne, für unseren Geist
und unser Herz. Es ist nicht so sehr von Bedeutung, welche Art von
Meditation du dir auswählst. Wichtiger ist es, dass du, nachdem du
dich für eine Art entschieden hast, auch dabei bleibst und sie
regelmäßig praktizierst. Meditation verlangt Disziplin, das ist
nicht anders als Klavier zu spielen zu lernen. Da genügt es auch
nicht, gelegentlich ein paar Minuten am Tag zu üben.Wenn du wirklich
daran interessiert bist, eine Fertigkeit ernsthaft zu erlernen und
Fortschritte zu machen - sei es Klavierspielen oder Meditieren -,
dann braucht es Ausdauer, Geduld und regelmäßiges Üben.
Suche dir solche Art von Meditation heraus, die dir
zusagt, und praktiziere sie. Arbeite täglich daran, wenn möglich
mit einem Lehrer oder im Rahmen einer Meditation – Gruppe. Bei
regelmäßigem Üben wirst du allmählich die Fähigkeit entwickeln,
dich ganz dem gegenwärtigen Augenblick zu öffnen. Du wirst durch
die Meditation Geduld und Mitgefühl entwickeln und offen werden für
alles, was es hier gibt.
Dieses Buch stellt dir die Grundübungen der
Achtsamkeits-Meditation vor, das Herzstück buddhistischer
Meditation, auch Vipassana genannt. Vipassana (ein Ausdruck aus der
Pali-Sprache bedeutet „Die Dinge so sehen, wie sie sind“) ist die
am weitesten verbreitete Meditationsweise in Südostasien und von
zentraler Bedeutung in allen buddhistischen Traditionen. Sie betont
die Achtsamkeit und wie wir unmittelbares Gewahrsein unserer
Erfahrung in allen Bereichen des Handelns entwickeln.
Die Meditationen sollen dir helfen, das Licht der
Achtsamkeit auf den Aspekt deiner täglichen Erfahrungen zu werfen –
und die zeigen, wie du die heilende Kraft liebevoller Güte auf die
selbst und andere Menschen ausdehnen kannst. Dabei geht es nicht
darum, die Aufmerksamkeit auf ein Bild von Buddha, eine Gottheit, ein
Licht, eine Kerze oder auf heilige Worte zu lenken. Vielmehr
entdecken wir durch die Achtsamkeit eine Möglichkeit, inmitten von
Bewegung unbewegt zu bleiben. So können selbst ganz weltliche, oft
wiederholte Tätigkeiten wie Essen, Spazierengehen oder Telefonieren
in die meditative Bewusstheit einbezogen und Teil der
Achtsamkeits-Übung werden. Unsere Meditation ist dadurch keine
Übung, die wir von Zeit zu Zeit durchführen sondern eher eine
Seinsweise, die jeden Augenblick des Tages bei uns ist.
Achtsamkeit hilft uns, geistesgegenwärtig und
lebendiger auf alles zu reagieren, was uns begegnet, und das zu
entwickeln, was als Lebenskunst bezeichnet wird:“Lebenskunst ist
weder ein sorgloses dahintreiben noch ein angstvolles Festklammern an
der Vergangenheit... Sie besteht darin, in jeden Augenblick ganz
einfühlsam zu sein, ihn als völlig neu und einzigartig anzusehen
und das Bewusstsein offen und ganz und gar empfänglich zu halten.“
Mit dem meditieren beginnen bedeutet, dass wir unser
Leben mit Anteilnahme und Liebenswürdigkeit betrachten und
herausfinden, wie man wachsam und frei sein kann. Wir haben so viele
Vorstellungen und Überzeugungen in Bezug auf uns selbst. Wir
erzählen uns Geschichten über das, was wir wollen oder wer wir
sind, sei es klug oder sanft. Oft sind das nicht hinterfragte und
begrenzte Vorstellungen anderer menschen, die wir verinnerlicht haben
und dann in unserem Leben zum Ausdruck bringen. Meditieren heißt,
neue Möglichkeiten entdecken und eine Fähigkeit entwickeln, die
jeder von uns besitzt, nämlich ein weiseres, liebevolleres,
mitfühlenderes und erfüllteres Leben zu führen.
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