Mittwoch, 13. Januar 2016

Meditation und soziale Verantwortung

Meditation und soziale Verantwortung.
Es gibt auch Menschen, die die Meditation nicht für eine Übung halten, die uns in die Gegenwart bringt, sondern uns von der Welt wegführt. Wenn die Einsamkeit faszinierend ist, dann kann uns das von der Welt wegführen. Aber damit eine spirituelle Übung lebendig werden kann, muss man sie überall, ob Supermarkt, Autofahren oder Unternehmungen mit der Familie ausführen können. Man kann eine Wochenendmeditation durchführen, aber der tiefere Sinn einer Meditation besteht darin, zu erkennen, dass wir ein Teil von allem sind, und nicht darin, vor irgendetwas im Leben davonzulaufen. Ein wichtiger Aspekt im Leben ist die soziale Verantwortung.
Aber es gibt noch einen Standpunkt, der besagt: der beste Weg, um Krieg und Leid zu lindern, besteht darin, ihre Ursachen zu erkennen. Was sind die Ursachen von Hunger, Krieg und Leid? Es gibt genug Öl, Nahrung und Bodenschätze auf diesem Planeten. Doch die Ursache für einen Großteil von leid ist die Gier, und Ursache der Gier sind Vorurteile und Hass.
Wir mögen unser Land, unsere Familie und unsere Religion, aber wir verabscheuen Menschen mit anderen Religionen, mit anderer Hautfarbe, mit anderen Sitten und Gebräuchen.
Es gibt Hamstern, Zusammenraffen, Gier, Hass und Unwissenheit. Es gab viele Revolutionen in unserer Geschichte, die auch in mancher Hinsicht Verbesserungen erbrachten, aber andererseits tritt die gleiche Art von Problemen immer und immer wieder in Erscheinung, weil wir bisher an die Wurzeln der Problems nicht herangekommen sind.
Doch der Kern des Problems besteht darin, dass jeder einzelnen bei sich selbst die Wurzel von Wut und Hass entdecken muss, bevor er versteht, wie sich das auf die Außenwelt auswirkt.
Die Lösung liegt darin, dass jeder Einzelne lernt, wie man sich vor Ängsten und Vorurteilen, die in den Köpfen der Menschen entstehen, befreien kann. Wir müssen lernen, die Welt genauso zu sehen, wie sie ist, und nicht vor dem, was schmerzvoll ist, Angst haben oder uns oder dem, was angenehm ist, verführen lassen.
Man muss entdecken, dass wir unsere Herzen für alles, was man erlebt, für jeden Menschen, den man begegnet, offen halten können.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet, brauchen wir nicht Öl, Nahrung, Geld oder sonst etwas Äußerliches, sondern man braucht Menschen, die verstehen, wie man sich nicht in Ärger, Furcht und Vorurteile verstricken lässt.
So gesehen ist die Meditation weder Luxus noch ein Weg zur Weltflucht, sondern eine Möglichkeit, ein tiefes Gefühl für unsere Verantwortung zu entwickeln, die darin besteht, zu lernen, wie man vermeidet, von diesen Kräften gefangen genommen zu werden. In der Meditation lernen wir zuerst, was diese Erkenntnis für uns innerlich bedeutet, bevor wir das Verständnis in die Begegnungen mit dem ökonomischen, sozialen und politischen Leiden in die Welt einbringen.
Doch es besteht auch die Gefahr, dass man die Meditation benutzt, um sich von der Welt zurückzuziehen. In der buddhistischen Tradition gibt es eine Lehre, die „enge Feinde“ heißt. Der „enge Feind“ der Liebe ist festhalten. Es maskiert sich als Liebe, fühlt sich an wie Liebe, aber es ist etwas anderes. Sagt man: „ich liebe dich,“ dann meint man, „ich klammere mich an dich fest, ich brauche dich, um ganz zu werden“. Der „enge Feind“ des Mitgefühls ist Mitleid. „Ach, die armen Leute da drüben, wie schlecht es ihnen doch geht. Mir geht es nicht so schlecht“. Mitleid hält uns von den Menschen, für die wir Mitgefühl zu empfinden glauben, getrennt und macht uns ihnen überlegen.
Der „enge Feind“ von Gleichmut oder einem ausgeglichenen Geist ist Gleichgültigkeit. Sie maskiert sich als Gleichgültigkeit, weil wir das Gefühl haben, dass alles in Ordnung ist. Aber in Wirklichkeit bedeutet es, dass wir keine Gefühle für andere Menschen haben.
Gleichmut entsteht, wenn wir unsere Herzen offen halten und alles, was die Welt uns darbietet, mit Ausgeglichenheit, Liebe und Verständnis erleben. Wir laufen nicht vor einer Welt davon, wir setzen uns in der Mitte von allem nieder und richten die Aufmerksamkeit auf alles, was gegenwärtig ist, egal ob es erfreulich oder schmerzlich ist, und fangen an, zu beobachten, daraus zu lernen und auch zu lernen, wie wir auf weise Art mit allem in unserem Leben in Beziehung treten können.








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